Ulli Fessl und Gottfried Riedl lesen Josef Weinheber
Sonntag, 9. Oktober 2016, 14:00 Uhr
(Achtung: diesmal beginnt die Veranstaltung eine Stunde früher als gewöhnlich!)
Festsaal des Gemeindeamts der Marktgemeinde Kirchstetten (NÖ); Eintritt: 10 Euro
Wie jedes Jahr laden die Josef Weinheber-Gesellschaft und die Marktgemeinde Kirchstetten zur herbstlichen Lesung aus dem Werk Josef Weinhebers. Das Programm bestreiten die beliebten österreichischen Schauspieler Ulli Fessl und Gottfried Riedl, am Klavier begleitet von Leopold Grossmann. – – Ein Fixtermin für alle Freunde des Dichters!
Kartenvorbestellung: 02743/8206 oder 02743/8989
Weinhebers schroffe Haltung im Umgang mit seiner Zeitgenossenschaft, insbesondere mit jener aus der literarischen Zunft, ist legendär. Der Mitwelt, die schriftstellerisch das Wort ergriff, hielt er mit kategorischem Trotz die Motto-Verse seines Buches „Adel und Untergang“ (1934) entgegen: „Die mit mir leben, sind mir längst gestorben …“
Zu Weinhebers Selbstbewusstsein gehörte die Überzeugung, eine „singuläre Erscheinung“ zu sein, die in ihrer „künstlerischen Eigenbeständigkeit“ den Vergleich mit den Wortführern des Literaturbetriebs nicht nötig habe. Mit Heftigkeit verwehrte er sich gegen Versuche, seine Dichtung in die Nachfolge oder gar in eine Abhängigkeit von bekannten Größen seiner Epoche zu rücken – selbst solchen, die er durchaus zu schätzen wusste, wie Rainer Maria Rilke, Georg Trakl, Stefan George oder Karl Kraus.
Aber dieser Gestus des großen Einzelgängers markiert doch andererseits nur eine Art seelischen Schutzwall, den ein über die Maßen sensibler Mensch um sich errichtete, um sein einem schweren Schicksal abgerungenes Gleichgewicht zu bewahren und den fremden wie den eigenen Dämonen standzuhalten. Dahinter wird nicht selten echte Anteilnahme, reges Interesse und starke Begeisterungsfähigkeit sichtbar, die Josef Weinheber dem poetischen Kunstschaffen seiner Zeit entgegenbrachte.
Zwei eindrucksvolle Beispiele – Ausnahmen zwar, aber keineswegs Einzelfälle – stehen im Mittelpunkt der diesjährigen Lesung: Weinhebers Eintreten für Hans Leifhelm, den gebürtigen Rheinländer, der in Graz seine Heimat gefunden hatte, und für Wilhelm Franke, den Wiener, den es als Dorfschullehrer in das nördliche Waldviertel verschlagen hatte.
„Du mir am Himmel,
goldener Sichelmond,
den ich zu sehen schon
nimmer gewohnt:
Weil mich mit großem
Gram das Geschaute schlug,
weil ich ein Leiden tief
herzinnen trug − (…)“
Mit diesen nachdenklichen Versen aus dem Jahr 1942 kehrte Josef Weinheber mitten im Krieg zu einem seiner Lieblingsgedichte zurück: Hans Leifhelms Lied „Mit dem Sichelmond, mit dem Abendstern“ aus dem Band „Gesänge von der Erde“ (1933). Es war ein andeutungsvolles Bekenntnis zu den „stillen Brüdern“, den Flammenhütern des reinen Gedichts, die das „verlogne Tanzlied“ des Tages verdrängt und geschändet hatte.
Im zweiten Teil regieren dann wieder Witz und Satire. Da kommt eine literarische Vergangenheit zu Wort, mit der Weinheber sich ohne Einschränkung verbunden fühlte: Wir suchen nach den Spuren der Altwiener Volkskomödie in den berühmten Gedichten von „Wien wörtlich“ und stoßen vor allem auf die Vorbildwirkung von Johann Nestroys Rollenliedern und Couplets.