Jahresbericht 2022 / Programmausblick 2023

Kirchstetten, Mitte Februar 2023

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Mitglieder und Freunde der Josef Weinheber-Gesellschaft!

Eingangs muss ich Sie diesmal um Nachsicht dafür bitten, dass Sie dieser Jahresbericht mit einer gewissen Verspätung erreicht. Es galt noch einige organisatorische Angelegenheiten rund um die kommenden Veranstaltungen abzuklären, und so hat es etwas länger als sonst gedauert.

Zugleich ist das ein gutes Zeichen: Denn seit dem vergangenen Jahr ist es uns endlich wieder geglückt, zu einer gewissen Normalität zurückzufinden, was unsere Wirksamkeit nach außen betrifft. Allmählich fielen die Fesseln, die die gesundheitspolitischen Maßnahmen auch unserem ohnehin bescheidenen Tätigkeitsbereich auferlegt hatten, von uns ab. So konnten wir im vergangenen Herbst zum ersten Mal nach zweijähriger Pause wieder zu einer Weinheber-Lesung in den Festsaal der Weinheber-Gemeinde Kirchstetten laden. Begrüßt von Bürgermeister Josef Friedl, brillierten Ulli Fessl und Kurt Hexmann am 2. Oktober 2022 – früh genug, um einem damals noch befürchteten neuerlichen Herbst-„Lockdown“ zu entkommen – mit einem Programm, das unter dem Motto „Und alles, was ich sprach, bleibt ungesagt“ der Erinnerung an das letzte Gedichtbuch Josef Weinhebers, „Hier ist das Wort“, gewidmet war. Die Lesung wurde von Junko Tsuchiya am Klavier und Taner Türker am Cello wieder in hervorragender Weise musikalisch umrahmt. Das Publikum zeigte sich von der einfühlsamen Interpretation aller Künstler sehr angetan, wenn auch die Reihen, bedingt durch die Schatten von „Corona“, noch etwas schütter besetzt waren.

Schon vor den Sommerferien, am 22. Juni 2022, hatte eine erlesene Schar von Weinheber-Liebhabern am Landsitz des Dichters in Kirchstetten zu einem Sommertreffen zusammengefunden. Von der Familie Weinheber-Janota willkommen geheißen und gastfreundlich umsorgt, waren die zum Teil von weit her angereisten Teilnehmer zu einer Sonderführung durch die Museumsräumlichkeiten und an das Grab des Dichters geladen. Die schöne, von prächtigem Wetter gesegnete Veranstaltung klang mit Speis und Trank im alten Garten vor dem Hause aus.

Am 21. Oktober 2022 schließlich hielten wir die Ordentliche Generalversammlung der Weinheber-Gesellschaft ab. Mit großem Dank der Anwesenden für ihre lange und verdienstvolle Mitarbeit wurde dabei Frau Heide Bohrn auf eigenen Wunsch aus dem Vorstand entlassen. An ihrer Stelle durften wir Frau Bettina Vojta als neues Vorstandsmitglied begrüßen.

Neue Themen im Fokus

Im heurigen Frühjahr wollen wir auch die Vortragstätigkeit der Weinheber-Gesellschaft wieder aufleben lassen. Die Veranstaltungen finden jeweils bei freiem Eintritt im Weinhebersaal des Volksbildungskreises, Prinz-Eugen-Straße 44/3, 1040 Wien, statt. Im Anschluss locken ein Buffet und die Gelegenheit zum Austausch. Wir stellen im Folgenden die Vorträge kurz vor und laden Sie herzlich ein:

Dienstag, 21. März 2023, 18:00 Uhr

„Landsknecht in den Gärten des Todes.“ – Das ukrainische Kriegstagebuch des Dichters Wilhelm Franke

Vortrag von Dr. Christoph Fackelmann

Blick in das Kriegstagebuch Wilhelm Frankes, dazu Fotos aus seiner Soldatenzeit

Wilhelm Franke (1901–1979) wurde mit den Gedichtbüchern „Wanderer im Waldland“ (Julius Reich-Preis 1937) und „In dunklen Wäldern, auf silbernen Straßen“ (1939) bekannt. Als moderner Regionalist verschrieb er seine Lyrik fast ausschließlich dem niederösterreichischen Waldviertel, in dem er als Dorfschullehrer lebte. Josef Weinheber wurde früh auf ihn aufmerksam und trat nachdrücklich für ihn ein. Auch die jüngst aufgefundene Karte vom 18. April 1941, die auf der Titelseite dieses Jahresberichts abgebildet ist, gibt von der freundschaftlichen Zuneigung und dem Respekt Weinhebers Zeugnis: „(…) Sei nicht in Sorge, arbeite Du! Ich denke an Dich und verliere Dich nie aus den Augen. Bleib nur der große Dichter, der Du bist! (…)“

Von Oktober 1942 bis zum Zusammenbruch im Mai 1945 gehörte Franke als Gefreiter einer Wachkompanie der Wehrmacht an. Entlang des Dnjepr in der Ukraine, später in Rumänien, Ungarn und der Slowakei war sein Trupp im unmittelbaren Hinterland der Front mit der Bewachung von Kraftwerken und Brücken, dem Schutz von Fähren und Zügen und der Sicherung von Pässen betraut. Während dieser Zeit führte er ein Tagebuch, in dem sich poetische Schilderungen der östlichen Landschaften mit nüchternen Berichten über den Alltag des Krieges, das entbehrungsvolle Ausharren auf einsamen, versprengten Posten und das Elend von Flucht und Zerstörung verbinden. Zugleich dokumentiert er das eigene Ringen um das seelische Überstehen auf dieser vom Grauen überschatteten soldatischen Wanderschaft, die auch für sein Künstlertum zur großen Erschütterung wird: „Schwarze Gedanken nisten im Herzen. Gnadenarm huschen die Tage hin.“

Heute tobt wieder ein Krieg in der Ukraine. Aus diesem aktuellen Anlaß stellt der Vortrag das eindrucksvolle und noch unveröffentlichte Kriegstagebuch Wilhelm Frankes in Auszügen vor.

Dienstag, 16. Mai 2023, 18:00 Uhr

Ich bin nur Lied: Ich töne.“ – Weinheber-Vertonungen in Geschichte und Gegenwart

Vortrag von Mag. Harald Mortenthaler und Alexander Blechinger

Josef Weinheber und Richard Strauss im Gespräch, Aufnahme aus dem Jahr 1942

Josef Weinheber war selbst hochmusikalisch und setzte sich in seiner Lyrik schöpferisch mit den Möglichkeiten der Musik in der Sprachkunst auseinander. Der Zyklus „Kammermusik“, die „Symphonische Beichte“ und viele andere Werke dokumentieren dieses Bestreben. Es verwundert nicht, daß seine Gedichte bereits zeitgenössischen Komponisten immer wieder zur Vorlage für Vertonungen dienten. Die Reihe der Musikkünstler, die sich an Weinhebers Lyrik versuchten, ist lang. Sie umfasst große Namen wie Richard Strauss und Paul Hindemith. Der eine vertonte 1942, zum 50. Geburtstag des Dichters, zwei Weinheber-Gedichte. Außerdem integrierte er die „Terzinen auf Wien“ in Form eines Schlußchors in seine symphonische Dichtung „Die Donau“. Der andere vertonte im Rahmen seiner „Zwölf Madrigale“ von 1958 einige Gedichte Weinhebers, darunter „An einen Schmetterling“ und „Magisches Rezept“. Johann Strauß Enkel, um nur einige weitere Beispiele zu nennen, schuf 1936 eine Vertonung des kleinen Zyklus „Lob der Heimat“, den Weinheber als Auftragswerk eigens für den Wiener Männergesangs-Verein geschrieben hatte. 1943 wurde das „Lob der Heimat“ von Nico Dostal ein weiteres Mal als Konzertwalzer für Männerchor und Orchester in Noten gesetzt. Einen besonders beliebten Vorwurf bildeten auch die Monatsgedichte aus „O Mensch, gib acht“, die u. a. Robert Ernst, Ernst Pepping und Gerhard Schwarz aufgegriffen haben.

Bis in die Gegenwart hinein reicht die Anziehungskraft, die Weinhebers Gedichte auf Komponisten ausübt, wie etwa Alexander Blechingers eigene feinfühlige Vertonung der „Kammermusik“ verdeutlicht. Der Vortrag wirft, unterlegt mit zahlreichen Tonbeispielen, Schlaglichter auf diese reiche und durchaus vielfältige Landschaft der Begegnung zwischen Wort und Ton.

Literarische Entdeckungsfahrten

Zuletzt wollen wir Sie noch auf zwei Termine aufmerksam machen, bei denen die Weinheber-Gesellschaft nicht als Veranstalter fungiert; wohl aber wirkt sie daran mit. Die Mitglieder und Freunde der Gesellschaft sind daher sehr herzlich auch zu diesen Anlässen eingeladen, bei denen es sich in gewisser Weise um Fortsetzungen des letztjährigen Sommertreffens im Weinheberhaus handelt:

Die Schauspielerin Elisabeth-Joe Harriet gestaltet seit Jahren „literarische Entdeckungsfahrten“ in Zusammenarbeit mit dem Reiseunternehmer „Elite Tours“. Nun stehen am Montag, dem 12. Juni 2023, und am Montag, dem 25. September 2023, „Literarisch-historisch-kabarettistische Spuren in Kirchstetten und Totzenbach“ neu auf dem Programm. Jeweils in einem Tagesausflug geht es mit dem Reisebus von Wien (Treffpunkt Oper, 8 Uhr) nach Kirchstetten, wo am Vormittag das Weinheberhaus und das einstige Sommerhaus von Wystan H. Auden besucht werden (Führung: Brigitte Weinheber-Janota, Dr. Christoph Fackelmann). Am Nachmittag wechselt man nach Totzenbach, wo u. a. die mittelalterliche Kirche besichtigt wird (Führung: Dr. Marcel Chahrour). Anschließend öffnet Herbert Berger das in seinem Besitz befindliche renovierte Wasserschloss, in dessen schönem Festsaal Elisabeth-Joe Harriet und Kurt Hexmann zum Abschluss aus Werken Weinhebers und Audens lesen werden. Mit Blick auf die in Kirchstetten gedrehte Komödie „Hinterholz 8“, einen großen Kinoerfolg der jüngeren österreichischen Filmgeschichte, werden sie dabei auch den Kabarettisten Roland Düringer bedenken (Rückkehr ca. 19 Uhr).

Die Anmeldung für diese Tagesfahrten erfolgt über „Elite Tours“ (Tel. 01 / 513 22 25 oder E-Mail travel@elitetours.at; http://www.elitetours.at); die Kosten (einschließlich der Eintritte, Führungen und eines Mittagessens) betragen je € 354,00. Bitte nützen Sie die Gelegenheit und lassen Sie sich zu diesen besonderen Orten der „Weinheber-Landschaft“ geleiten!

Weitere Informationen und aktuelle Mitteilungen können Sie unserer Netzseite http://www.weinheber.net entnehmen. Auch stehen die Mitglieder des Vorstands der Weinheber-Gesellschaft Ihnen selbstverständlich wie immer gerne für Auskünfte und Anliegen zur Verfügung.

Mit guten Wünschen und herzlichen Grüßen verbleibe ich
Ihr

Christoph Fackelmann
(Präsident der Josef Weinheber-Gesellschaft)

Jahresbericht 2021 / Programmausblick 2022

Kirchstetten, Anfang Februar 2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Mitglieder und Freunde der Josef Weinheber-Gesellschaft!

Auch das vergangene Jahr bot für das Kulturleben in Österreich kaum Raum zur Entfaltung. Die gesundheitspolitischen Maßnahmen der Bundesregierung gestatteten es vor allem kleinen, gemeinnützigen Initiativen wie der unsrigen, deren organisatorisches wie materielles Fundament von jeher zum behutsamen Haushalten zwingt, nicht, ihr Veranstaltungsprogramm in gewohnter Form aufrechtzuerhalten. Starke Einschränkungen blieben auch 2021 unausweichlich.

Eine nachgeholte Gedenkmatinee

Glücklicherweise erlaubte es uns ein kurzes Zeitfenster im Frühherbst, währenddessen die pandemiebedingten Auflagen etwas gelockert waren, wenigstens eine Veranstaltung nachzuholen, die uns sehr am Herzen lag. Im Jahr 2020 hatten wir eine Lesung zur Würdigung des 75. Todestages von Josef Weinheber vorgesehen, die zunächst, noch in gutem Glauben, für April angekündigt worden war, um später noch an zwei Terminen im November zu einem Versuch anzusetzen. Jedesmal hatte uns das Verordnungsregime einen Strich durch die Rechnung gemacht; ärgerliche Verschiebungen und schließlich die Absage angesichts des trostlosen „Lockdowns“ waren die Folge gewesen.

Am 17. Oktober 2021 gelang es nun, das Programm von 2020, das an den Tod des Dichters erinnerte, in Gestalt einer Sonntagsmatinee doch noch nachzuholen. Den glänzend disponierten Vortragskünstlern Ulli Fessl und Kurt Hexmann sowie der Geigerin Valbona Naku war es zu danken, dass die Matinee ein wirklich gelungenes Ereignis wurde. Unter dem Weinheber-Motto „Jeder Blick verschwamm, da Abend war …“ brachte es nicht nur ein würdiges Totengedenken, sondern nach der Pause zum Ausgleich auch einen Ausflug in das Reich des Wiener Humors. Das gemeinsam mit dem Verein Muttersprache, dem Volksbildungskreis Wien und der Kulturinitiative „consideratio“ im Flemings Selection Hotel Wien-City verwirklichte Programm stieß auf große Zustimmung beim Publikum (u. a. berichtete die Wochenzeitung Zur Zeit vom 23./29. 10.).

75 Jahre Hier ist das Wort

Auch zur Stunde ist noch immer nicht abzusehen, ob und in welchem Maße der Verlauf der „Corona-Krise“ es uns heuer ermöglichen wird, Einladungen auszusprechen und öffentliche Veranstaltungen durchzuführen. Ich muß mich daher hier damit begnügen, einige Eckpunkte zu skizzieren:

Ein großes Anliegen ist es uns, die traditionelle Herbstlesung im Gemeindesaal von Kirchstetten 2022 nach zweijähriger Unterbrechung wieder aufleben zu lassen. Es böte sich auch ein schöner Anlass für einen Programmschwerpunkt: Heuer vor 75 Jahren erschien Josef Weinhebers letzter Gedichtband, Hier ist das Wort. Dieses Buch hatte der Dichter noch zu Lebzeiten fertiggestellt, aber erst zwei Jahre nach seinem Tod brachte es seine Witwe im Verlag Otto Müller in Salzburg heraus. Es hatte sich die wahrhaft große und ernste Aufgabe gesetzt, „die Substanz des abendländischen Gedichts noch einmal darzustellen, bevor sie vom allgemeinen Untergang des Geistes absorbiert wird“ (Brief an Martin Sturm, 3. 3. 1945). Ein Umbruchexemplar des vom Krieg verhinderten Erstdrucks mit seinen Letztkorrekturen gab Weinheber bei dem Maler Werner Berg, dem das Werk gewidmet war, in Obhut. Es ist ein echtes Rarum und befindet sich im Besitz unserer Gesellschaft. Die Vorderseite des vorliegenden Falters zeigt das Vorsatzblatt mit Weinhebers Imprimatur-Vermerk vom 29. 9. 1944.

Außerdem plant die Familie Weinheber-Janota für den Sommer einen kleinen, regelrecht „exklusiven“ Empfang im Weinheber-Haus in Kirchstetten. Es ist daran gedacht, zu „Brot und Wein“ mitsamt einer „Spezialführung“ durch die Gedenkräume und zum Dichtergrab sowie einer kleinen Lesung aus dem Werk Josef Weinhebers zu laden − immer vorausgesetzt, dass sich derartige gesellige Zusammenkünfte dann bereits ohne allzu große Auflagen realisieren lassen. Die Einladung soll sich vor allem an jene Mitglieder richten, die unsere Tätigkeit über die vergangenen Jahre mit außergewöhnlichen Zuwendungen unterstützt haben. Auch an neue Interessenten will sie sich wenden.

Wenn die Pläne spruchreif werden, werden wir Sie selbstverständlich wieder mit eigenen Aussendungen informieren. Auch können Sie jeweils auf unserer Netzseite http://www.weinheber.net aktuelle Mitteilungen lesen.

Marzik, Artmann, Weinheber und das Wienerlied

Während also über dem aktuellen Veranstaltungsprogramm noch das eine oder andere Fragezeichen steht, freut es mich umso mehr, Sie auch heuer mit einer Jahresgabe überraschen zu dürfen, die sich sehen − oder in diesem Fall besser: hören − lassen kann. Gemeinsam mit diesem Bericht erhalten Sie eine Audio-CD-Edition der Formation „Gemischter Satz“, gebildet aus dem Bassisten Günther Groissböck, dem Tenor Karl-Michael Ebner und dem Schauspieler, Kabarettisten und Autor Christoph Wagner-Trenkwitz als Rezitator. Das Anfang des vergangenen Jahres im Beethovensaal der Pfarrei Heiligenstadt aufgenommene Projekt beschreibt sich mit folgenden Worten: „Diese Doppel-CD verbindet vier verschiedene Ausdrucksformen der Wiener Seele: Duette, Lieder, Mundartliteratur und Schrammelmusik, die allesamt ihren Ursprung in der Wiener Heurigenkultur haben und bei aller Vielfalt und Unterschiedlichkeit für das stehen, was Wien musisch ausmacht. Es ist ein glücklicher Zufall, wenn ein gefeierter Opernbassist wie Günther Groissböck und ein ebenso populärer Tenor wie Karl-Michael Ebner eine Freundschaft entwickeln und ihre gemeinsame Liebe zum Wienerlied, Wiens einzigartigem musikalischen und soziokulturellen Phänomen, entdecken. Umso mehr, wenn dies zu einer Albumproduktion wie der vorliegenden führt, die zusätzlich gesprochene Einlagen enthält – witzige, aber auch pointierte, bissige und sarkastische Wiener Gedichte von Trude Marzik, Josef Weinheber und H. C. Artmann, mit viel Charme von Christoph Wagner-Trenkwitz gelesen –, dazu fesselnde Instrumentalstücke der Philharmonia-Schrammeln.“

Diese beiden Tonträger − wir zählen sie bereits als Jahresgabe für 2023, weil unsere letztjährige, die Gedichtauswahl Urtatsachen, für 2021 und 2022 galt − mögen ein helles und fröhliches Licht in unseren gegenwärtig ja nicht gerade von Hoffnung und Zuversicht durchfluteten Alltag werfen. Die Liste auf der nächsten Seite, die über die Jahresgaben der letzten beiden Jahrzehnte informiert (siehe hier), unterstreicht hoffentlich, dass die Josef Weinheber-Gesellschaft trotz ihren alles in allem recht bescheidenen Möglichkeiten eine Tätigkeit entfalten konnte, die sich in puncto Qualität und Kontinuität nicht zu verstecken braucht.

Das haben wir aber nicht zuletzt der von unseren Mitgliedern und Mitarbeitern geschaffenen Basis zu verdanken, und wir müssen alles versuchen, um es fortzusetzen. Bitte bleiben Sie unserem Forum daher auch weiterhin gewogen, und werben Sie dafür, wo immer sich Gelegenheit bietet!

Im Namen des gesamten Vorstands der Josef Weinheber-Gesellschaft wünsche ich Ihnen ein gutes Jahr 2022 und verbleibe mit herzlichen Grüßen

Ihr

Dr. Christoph Fackelmann e. h.

Präsident der Josef Weinheber-Gesellschaft

Hier finden Sie die vollständige Fassung des Jahresberichts im Original-Falterformat als PDF zum Herunterladen.

Jahresbericht 2020 / Programmausblick 2021

Kirchstetten, Ende Jänner 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder und Freunde der Josef Weinheber-Gesellschaft!

Das vergangene Jahr ist wohl an keinem von uns spurlos vorübergegangen. Ein gesundheitspolitischer Ausnahmezustand von bislang ungekannten Ausmaßen hielt das gesamte öffentliche Leben fest im Griff und zog bis weit in persönlichste Belange hinein seine Kreise. Unter diesen Umständen war an ein kulturelles Leben in gewohnter Form nicht zu denken, ja, der Zusammenbruch des kulturellen Veranstaltungswesens ‒ von den großen Theatern bis hinunter zu den kleinen privaten Initiativen ‒ zählte zu den ersten „Kollateralschäden“ der „Corona-Krise“.

Grab 0420c

Grabstätte des Dichters im Garten des Weinheberhauses, Kirchstetten/NÖ, Aufnahme von April 2020

Absagen, Absagen, Absagen …

Das musste auch die Josef Weinheber-Gesellschaft schweren Herzens hinnehmen. Mit besonderen Plänen waren wir in das Jahr gestartet, in dem es der 75. Wiederkehr des Todestages von Josef Weinheber zu gedenken galt (siehe oben, Foto der Grabstätte im Garten des Weinheberhauses, Kirchstetten/NÖ, April 2020) Aber all unsere Ambitionen, diesen feierlichen Anlass auch in einer angemessenen Form künstlerisch zu würdigen, erwiesen sich schließlich als hinfällig. Zunächst waren wir gezwungen, die festliche Matinee im April abzusagen. Hier hätten Martin Haidinger und Ingomar Kmentt in Wort und Ton Proben aus Weinhebers Wiener Lyrik zum Besten geben sollen. Die Vorbereitungen waren weit gediehen, als uns der erste „Lockdown“ einen Strich durch die Rechnung machte. Neben anderen Veranstaltungen fiel dann auch die traditionelle Kirchstettener Lesung mit Ulli Fessl und Kurt Hexmann ins Wasser. Unser Versuch, mit dem bereits sorgfältig ausgearbeiteten Programm, das ebenfalls an den Tod des Dichters erinnern sollte, nach Wien auszuweichen und es wenigstens in kleinerem Rahmen aufzuführen, musste auch aufgegeben werden, als uns im November der nächste „Lockdown“ ereilte.

Und da wir heute, ein Jahr nach Ausbruch der Krise, immer noch nicht wissen, ob und wann künstlerische Veranstaltungen, Lesungen und Vorträge wieder stattfinden dürfen, können wir Ihnen vorerst keine neuen Termine ankündigen. Es wäre einfach mit zu großen Ungewissheiten behaftet, zum jetzigen Zeitpunkt bereits wieder konkrete Planungen aufzunehmen.

Eine neue Jahresgabe

Es freut uns jedoch, dass wir im vergangenen Jahr unseren Mitgliedern zumindest auf dem Gebiet der gedruckten Veröffentlichungen eine Erinnerungsgabe zum 75. Todestag überreichen konnten. Der kleinen Sammlung Widmungen, die denkwürdige Funde aus der Arbeitsbibliothek des Dichters dokumentierte, folgte indes kurz vor Weihnachten, also gerade noch rechtzeitig vor dem Ende des Gedenkjahres, eine weitere Publikation. Wir dürfen sie unseren Mitgliedern gemeinsam mit diesem Bericht als gedruckte Jahresgabe vorlegen, gezählt für die Jahrgänge 2021/22. Das neue Buch geht auf die überraschende Initiative des Thüringischen Schriftstellers und Verlegers Uwe Lammla (Arnshaugk Verlag) zurück, dem es ein großes Anliegen war, dem lyrischen Programm seines Hauses einen Band Weinheber hinzuzfügen. Bei Arnshaugk wurden bereits einige Auswahlbände von bedeutenden Lyrikern verlegt, die zu den Zeitgenossen Weinhebers zählen, so etwa von Jochen Klepper, Fritz Usinger, Oda Schaefer, Horst Lange und Karl Wolfskehl, dem Weggefährten Stefan Georges. In diese respektable Gesellschaft trat nun also auch Josef Weinheber mit einer Auswahl aus seinem lyrischen Gesamtwerk ein.

Der Titel des Bandes, Urtatsachen, spielt auf ein brühmtes Bekenntniswort des Dichters an, in dem er sein Schaffen unter die Maxime des „Gestaltens aus den Urtatsachen der Sprache“ rückte. Es ging um eine dichte und konzise, zugleich bibliophil angelegte Auslese. Sie ist so konzipiert, dass es kaum Überschneidungen mit dem 2017, aus Anlass des 125. Geburtstags vorgelegten Auswahlband Ich werde wieder sein, wenn Menschen sind gibt und dennoch ein vollwertiges Bild entsteht, das überdies mit stärkeren Akzenten auf dem zyklischen Charakter vieler Schöpfungen Weinhebers eine besondere Note aufweist. Die Gedichte ergänzt eine Rede Weinhebers aus dem Jahr 1937, ein wichtiges Zeugnis seines Selbstverständnisses, das für den Band erstmals in vollständiger Fassung rekonstruiert wurde.

Gemeinsame Leidenschaft für Weinheber

Wenn also die Weinheber-Gesellschaft im vergangenen Jahr, anderweitig zur Inaktivität gezwungen, auf publizistischem Gebiet erfreuliche Signale setzen konnte, so soll nicht vergessen werden, dass es auch in dieser überschatteten Zeit immer wieder anerkennenswerte Bemühungen zu verzeichnen galt, die Erinnerung an den Dichter und sein Werk aufrechtzuerhalten: durch materielle Zuwendungen, die unserer Gesellschaft die Arbeit erleichterten, durch persönliche Initiativen verschiedenster Art oder einfach durch fruchtbares künstlerisches Interesse. Ich nenne stellvertretend die Namen Ingomar Kmentt, Peter Steinbach, Wolfgang Schulz („Döblinger Heimat-Kreis“), Mag. Harald Mortenthaler, Mag. Alexander Martin Pfleger, Wolfgang Vasicek („Consideratio“) sowie unser im November leider verstorbenes Mitglied Harald Cajka („Volksbildungskreis“, siehe das Foto unten). Wir sind und bleiben auf solche Bereitschaft angewiesen!

IMG-20201128-WA0001

Harald Cajka (3. 9. 1933 – 28. 11. 2020)

Ich kann mich in diesem Bericht etwas kürzer fassen, weil aus den genannten Gründen noch keine neuen Veranstaltungen zu vermelden sind. Wir informieren Sie selbstverständlich, sobald neue Einladungen ausgesprochen werden können. Jedoch möchte ich die Gelegenheit nützen, um noch etwas anderes anzusprechen: Unsere Gesellschaft erhält immer wieder kleinere und größere Bestände von Weinheber-Literatur aus aufgelassenen Bibliotheken von verstorbenen Weinheber-Freunden ‒ Ausgaben seiner Werke ebenso wie Schriften über ihn. Wir möchten diese Bücher an Interessierte weitergeben und müssen in der Regel nicht mehr als die Übernahme der Portokosten verrechnen. Gerne teilen wir auf Anfrage aktuelle Titellisten mit.

Nun wünsche ich Ihnen ein trotz allem hoffnungsfrohes Jahr 2021 und verbleibe im Namen der Josef Weinheber-Gesellschaft
mit herzlichen Grüßen
Ihr
Dr. Christoph Fackelmann
Präsident der Josef Weinheber-Gesellschaft

Hier finden Sie die vollständige Fassung des Jahrersberichts im Original-Falterformat als PDF zum Herunterladen.