Kirchstetten, im Jänner 2018
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder und Freunde der Josef Weinheber-Gesellschaft!
Dem Bericht über die Tätigkeit der Josef Weinheber-Gesellschaft im Jahr 2017 muss eine schmerzliche Mitteilung vorangestellt werden: Am 26. Dezember, wenige Wochen nach seinem 76. Geburtstag, ist der Präsident unserer Gesellschaft, Herr Christian Weinheber-Janota, nach langer, schwerer Krankheit verstorben. Es sind Tage der Trauer und des Innehaltens für uns alle. Unsere Anteilnahme und unser tiefes Mitgefühl gelten in dieser Zeit der Familie, der Ehefrau Brigitte Weinheber-Janota, der Tochter Alexandra Weinheber-Janota, der Enkeltochter Johanna und allen anderen Familienangehörigen und Hinterbliebenen.
Dies ist nicht der Ort für einen Nachruf, der die Persönlichkeit Christian Weinheber-Janotas und dessen Verdienste um das Werk seines Vaters, des Dichters Josef Weinheber, in gebührender Form zu würdigen verstünde. Die Aufgabe muss einem anderen Rahmen und einem größeren zeitlichen Abstand vorbehalten bleiben. Einige Sätze der Erinnerung seien aber gestattet: lesen Sie bitte hier.
Ein letztes Ergebnis der Präsidentschaft Christian Weinheber-Janotas liegt in Gestalt des Buches vor, das Sie mit diesem Schreiben in Händen halten. Es handelt sich um eine Auswahl aus dem lyrischen Gesamtwerk mit dem einem Weinheber-Vers entnommenen Titel:
„Ich werde wieder sein, wenn Menschen sind“.
Das Buch möge, wenn es auch begreiflicherweise nicht unter diesen Vorzeichen entwickelt wurde, nun als ein Vermächtnis des Wirkens von Christian Weinheber-Janota aufgenommen werden, zumal es ohne dessen Befürwortung und Unterstützung nicht das Licht der Welt erblickt hätte. Neben der Förderung durch die Josef Weinheber-Gesellschaft, die den Band nun ihren Mitgliedern als Jahresgabe für 2016/17/18 überreichen darf, dankt dieser dem Amt der Niederösterreichischen Landesregierung – in Person der Leiterin der Abteilung für Literaturförderung, Frau Mag. Gabriele Ecker – einen großzügigen Druckkostenzuschuss. Dem Kyrene Literaturverlag des Schriftstellers und Theologen Mag. Martin Kolozs gebührt großes Lob für die Verwirklichung der Buchidee im Rahmen seines Herbstprogramms 2017 sowie für die anspruchs- und geschmackvolle Gestaltung, die einen Weg der Verbindung von modernen und altbewährten Mitteln suchte. Bei den Korrekturen und der redaktionellen Arbeit stand dem Herausgeber mit bewährtem Sachverstand und großer Gründlichkeit unser Mitglied, Herr Mag. Alexander Martin Pfleger (Glattbach), zur Seite. Auch ihm sei an dieser Stelle nachdrücklich gedankt!
Über die Ziele des Buches ist im vergangenen Jahresbericht schon das Wesentliche gesagt worden. Der Band möchte zum einen dem Wiederentdecken, aber auch Neukennenlernen dienen, indem er auf überschaubarem Raum einen profunden Einblick in das gesamte lyrische Schaffen Josef Weinhebers vermittelt, gruppiert entlang von zehn nach motivischen und formalen Gesichtspunkten gebildeten Gedichtkreisen und ergänzt durch zwei dokumentarische Anhänge, die das wenig bekannte Frühwerk und den Sonderbereich der Festgedichte aus der NS-Zeit anhand repräsentativer Beispiele erschließen. Zum anderen möchte das Buch auch historische Orientierung und biographische Information zur Verfügung stellen. Diesem mit dem gewachsenen Abstand wohl umso größeren Nachschlagebedürfnis der Gegenwart wollen das Nachwort und eine detaillierte Lebenschronik entgegenkommen.
Bitte, tragen Sie dazu bei, das Werk Josef Weinhebers mit Hilfe dieses neuen Auswahlbandes zu verbreiten. Zum ersten Mal seit langer Zeit verfügt der Buchhandel damit wieder über eine kompakte, philologisch verlässliche, für jedermann erschwingliche Anthologie der Weinheberschen Lyrik, zusammengestellt in der Überzeugung, dass diese doch allen vom Zeitgeist diktierten Vorbehalten zum Trotz aus dem literarischen Gedächtnis unseres Kulturraums nicht wegzudenken sei. Welche staunenswerte Substanz den Gedichten innewohnt, will die neue Auswahl einer heutigen Leserschaft erfahrbar machen.
Aus Anlass der 125. Wiederkehr des Geburtstags von Josef Weinheber konzipiert, kam das Buch erst gegen Ende des Jubiläumsjahres, am 12. Dezember 2017, in den Buchhandel. Die Verzögerungen waren durch allerlei hier und andernorts angedeutete äußere Umstände unvermeidbar geworden. Infolgedessen sind auch die im Zusammenhang mit dem Erscheinen geplanten, im letzten Bericht angekündigten Veranstaltungen nicht wie gewünscht zustande gekommen. In den nächsten Monaten soll die Vorstellung des Buches hingegen bei der einen oder anderen Gelegenheit nachgeholt und auf diese Weise die „Werbetrommel“ für Josef Weinheber gerührt werden.
Ein erster Termin in kleinem Rahmen steht bereits fest: Einen
„Abend für Josef Weinheber“
veranstaltet der Döblinger Heimatkreis am Dienstag, den 6. März 2018, um 18 Uhr 30 (Einlass 17 Uhr, Telefon: 0650 357 39 44) im „Wiener Gasthaus“, Iglaseegasse 40, 1190 Wien (Souterrain). Der Verfasser dieser Zeilen wird gemeinsam mit Wolfgang Schulz das Buch vorstellen und den Dichter zu Ehren kommen lassen.
Über weitere Termine werden Sie die Josef Weinheber-Gesellschaft und unser „Weinheber-Forum“ im Internet rechtzeitig informieren.
Zugunsten des kleinen Weinheber-Jubiläums 2017 sprangen aber nicht zuletzt einige Liebhaber-Initiativen verdienstvoll in die Bresche. Zwei seien stellvertretend hervorgehoben und herzlich bedankt: Das Bezirksmuseum Wien-Landstraße und der von Ingeborg Steyer geleitete Kulturverein „Roncalli“ veranstalteten am 28. März 2017 eine Lesung aus den Werken Josef Weinhebers, mit großer Spielfreude dargeboten von Peter Steinbach. Der Schwerpunkt lag auf den wienerischen Texten aus „Wien wörtlich“, mit köstlichen Interpretationen berühmter Rollen- und Szenengedichte.
Der „Kulturkreis Kirchstetten“ unter der Leitung von Karl J. Mayerhofer lud am 4. November 2017 zu einem Weinheber-Nachmittag in den Festsaal der Marktgemeinde Kirchstetten. Karl Tattyrek und Andreas Roder trugen Gedichte vor, „Die Gassenhauer & Manfred Hartl“ sorgten mit volkstümlichen Weisen in klassischer Form für gelungene musikalische Abwechslung. Auch hier interessierte vor allem der komödiantische Weinheber. Die Bezüge zur landläufigen Mundartliteratur, zum modernen Kabarett und gar zum wienerisch getönten Schlager der Marke „Austropop“, die dabei hergestellt wurden, werden bei denjenigen, die etwas tiefer mit dem Werk und dem Selbstverständnis Josef Weinhebers vertraut sind, auf verständliche Skepsis, ja Widerspruch gestoßen sein. Das Publikum lohnte die schwungvollen Bemühungen aller Beteiligten zu Recht mit Beifall und sichtlichem Vergnügen.
Auch heute, mehr als 70 Jahre nach dem Tod des Dichters, tauchen immer wieder unbekannte oder verloren geglaubte Weinheber-Manuskripte im Autographenhandel auf. Die Weinheber-Gesellschaft wäre finanziell bei weitem überfordert, wollte sie hier selbst sammelnd und archivierend hervortreten. Leider werden aber auch die budgetären Spielräume der öffentlichen Institutionen, also in Weinhebers Fall insbesondere der Österreichischen Nationalbibliothek, immer kleiner. Mitunter ergibt dies Situationen, wo eine gefährliche Zerstreuung der Handschriften in nicht näher bekannte private Hände unmittelbar zu befürchten ist. Der Forschung werden so wichtige Quellen vorenthalten. Ein solcher Fall drohte jüngst im Zusammenhang mit einem Briefwechsel, den Josef Weinheber in den Jahren 1936 und 1937 mit der Übersetzerin Elisabeth Ihle (1893–1988) aus Detmold geführt hatte. Diese Korrespondenz und Begleitmaterialien, das so genannte
„Elisabeth-Ihle-Archiv“,
wurden der Gesellschaft jüngst von den Erben der Schriftstellerin angeboten. Über diese Briefe zu verfügen wäre für die Weinheber-Forschung von nicht geringem Wert. Sie schlössen eine echte biographische Lücke, zumal sich zwischen Josef Weinheber und Elisabeth Ihle eine enge, wenn auch nicht lange währende Beziehung entwickelte und der Austausch zwischen den beiden u. a. die bewegenden Erfahrungen der ersten Deutschland-Reisen des österreichischen Dichters spiegelte (vgl. u. a. den Brief an E. G. Kolbenheyer vom 19. 12. 1938 in der „Literaturwissenschaftlichen Jahresgabe der Josef Weinheber-Gesellschaft“ 2010/11/12, S.155ff., dazu die Erläuterungen auf S. 218).
Das Außergewöhnliche dieses Fundes und die erschwerenden Umstände des gegenwärtigen institutionellen Desinteresses lassen eine Ausnahme von unserer bisherigen zurückhaltenden Praxis geboten erscheinen. Wir verfügen über die Kompetenz, die Autographen wissenschaftlich zu erschließen und allgemein zugänglich zu machen und könnten sie später gegebenenfalls als Leihgabe oder Donat dem Nachlass einverleiben. Die Möglichkeit des Erwerbs und damit der Bewahrung für die Weinheber-Forschung wäre der Josef Weinheber-Gesellschaft aber nur mit Hilfe von großzügigen, zweckgebundenen Spenden aus unserem Unterstützerkreis gegeben. Hier müsste jedenfalls rasch gehandelt werden!
Bei Interesse setzen Sie sich bitte mit dem Unterzeichneten in Verbindung, der Ihnen sehr gerne für alle Auskünfte in dieser Angelegenheit, aber selbstverständlich auch bei anderen Anliegen und Anfragen zur Verfügung steht (E-Mail: christoph.fackelmann@aon.at; Telefon: +43 (0)676 5875347).
Wie immer informieren Sie über aktuelle Pläne und Veranstaltungen zum Thema Josef Weinheber nicht nur unsere brieflichen Aussendungen, sondern auch das „Weinheber-Forum“ im Internet, das Sie unter der Adresse http://weinheberforum.com erreichen. Gerne können Sie uns für diese Plattform auch auf Ihnen bekannte weitere Vorträge, Lesungen, Aufführungen und Publikationen aufmerksam machen (E-Mail-Kontakt: weinheberforum@aon.at)!
Am Ende dieses Rundbriefs dürfen wir Sie wieder um die Überweisung Ihres Mitgliedsbeitrags ersuchen. Er bleibt auch für 2018 mit
21,80 €
unverändert. Jede Überzahlung oder Spende stellt für unsere Arbeit eine wichtige Hilfe dar und wird dankbar entgegengenommen. Ein Erlagschein liegt bei. Bitte achten Sie darauf, Ihren Namen leserlich einzutragen, damit wir den Beitrag richtig zuordnen können!
Ich wünsche Ihnen und unserer gemeinsamen Sache ein gesegnetes Jahr 2018 und verbleibe im Namen der Josef Weinheber-Gesellschaft
mit herzlichen Grüßen
Ihr
Dr. Christoph Fackelmann e. h.
(Obmannstellvertreter)