Die Nacht ist groß

Zum 80. Todestag Josef Weinhebers am 8. April 2025

In seinem letzten Brief an Gerda Janota, geschrieben, als der kontinentale Vernichtungskrieg längst auch die engere Heimat verschlungen hatte, kommt Josef Weinheber rückblickend auf sein eigenes Werk zu sprechen und misst es an der geschichtlichen Lage. In einer der berühmten Passagen aus diesem Schreiben vom 9. März 1945 bekennt er:

„Ich habe Adel u[nd] Untergang, (was für ein bezeichnender Buchtitel!!) mit dem Kennwort ,In hora mortis‘ überschrieben. Ich möchte nicht den leisesten Timbre davon zurücknehmen: Alles echt in dieser Zeit Geschriebene ist im Angesicht des Todes geschrieben. Wenn das, was also da geschrieben worden ist, geschrieben werden konnte, so haben wir es wissen müssen. Es steht uns im Grund kein Recht zur Klage – oder gar zur Anklage zu.“

Weinheber begreift das schreckliche Geschehen nicht als eine isolierte Katastrophe. In dem, was aus dem imperialistischen Gegeneinander der europäischen Mächte und aus dem Versinken Deutschlands in Tyrannei, Massenwahn und technizistischen Exzess hervorgegangen war, erblickt er vielmehr nur das unaufhaltsame Produkt eines viel weiter zurückreichenden Übels, welches im Kern geistiger Natur ist. Der Dichter stand mit dieser Überzeugung damals nicht alleine. So notiert etwa Martin Heidegger um 1942/43 im Zusammenhang seiner Auseinandersetzung mit Heraklit: „Durch Kriege wird nichts entschieden, weil sie selbst bereits auf einer Entscheidung gründen und wiederum, wenn überhaupt auf etwas, nur auf eine ihnen vorgegebene Entscheidung zugehen.“ („Schwarze Hefte“, „Anmerkungen“ I, Nr. 58)

Seinem eigenen Schaffen schreibt Weinheber in Bezug auf diesen tieferen Konflikt eine besondere Hellsichtigkeit zu – ohne sich dessen etwa zu rühmen, sondern von tiefer Trauer gebannt und in der Gewissheit, von den inneren Verwüstungen selbst keineswegs verschont geblieben zu sein. Auch sein eigenes politisches Versagen unter dem Nationalsozialismus spricht er an. Aber er besteht auf der Kraft seiner Gedichte, „vorgewußt“ und „vorausgesagt“ zu haben, und zitiert aus dem Eingangsgedicht seines großen Zyklus „Zwischen Göttern und Dämonen“: „[…] hebt die Vollstreckerhand und gibt das Zeichen. Was zu lösen nimmer erlaubt, es zu tilgen, schlägt er mit Nacht die Stirn – –“.

Und weiter bekundet er:

„Ich habe überhaupt, wenn ich in diesen entscheidenden Tagen mein Werk […] durchgehe, die Empfindung, daß hier Dinge mit einer traumwandlerischen Klarheit gesagt worden sind, wie nie vorher. Du kannst das nachprüfen. Ich bitte Dich […] die Sonette an die Nacht zu lesen. Du wirst sie jetzt anders lesen. Das Gläserne ihrer Diktion (gleichbedeutend mit erkennender Aussage), wird Dir jetzt erst zu Bewußtsein kommen. Auch das Vor-Gedicht dazu: Die Nacht ist groß: „Aufhalten kann ich nicht etc.“ Als ich das alles schrieb, habe ich an dem, was jetzt geschieht, gelitten. Jetzt bin ich gelähmt, vom Leiden nicht mehr gesegnet. Denn: „Was geschieht, lebt wilder denn das Geschaute. Wo ein Herz schlägt, wird es gebrochen. Jede Welt gebiert sich aus Morde.“

Wir scheinen acht Jahrzehnte nach diesen Worten an einem Punkt angelangt, wo uns jenes alte Gebrechen des europäischen Menschen erneut heimzusuchen begonnen hat – verschleppte und vertuschte „Geschlechtskrankheiten geistiger Art“ nennt es Weinheber in jenem Brief. Sie waren mit dem Ende des Weltkriegs keineswegs überwunden, nur vorübergehend zur Erschöpfung gelangt. Das mehrdeutige Leitmotiv der „Nacht“ kreist in Weinhebers Lyrik um den „metaphysischen“ Faktor dieses Prozesses. Dass mittlerweile das „Denken“ in den Kategorien der „nackten End-Tat“, der Ungeist der „Liquidierung“, vor dem den lebensmüden Dichter damals schauderte, wieder zum guten Ton der politischen Auseinandersetzung unter den europäischen Nationen gehört, lässt Ungeheuerliches ahnen. Und wären es nur unsere Eliten, deren bellizistische Phrasen uns wie Wiedergänger aus finstersten Zeiten tönen, so wären es doch unsere Eliten, Fleisch von unserem Fleisch …

Im Gedenken an den Todestag des Dichters, der sich am 8. April 2025 zum achtzigsten Mal jährt, lassen wir hier jene Gedichte sprechen, die Weinheber damals zu Zeugen heranzog. Man prüfe sie auf ihr Gewicht und sich an ihm! (C. F.)

Zwischen Göttern und Dämonen I/1

Wie durft er hoffen, daß ihn die Götter jetzt
noch nähmen, wo er frevelnd sie totgesagt?
Und lebten sie, wer kann denn gegen
ihre geheimen Gesetze aufstehn?

Sie sind nicht mehr? Und sehen doch ehern zu,
wie jener hertritt vor die zerstörte Burg,
das Lob der Menge um die einstens
stolzen, von Ehrgier entweihten Schläfen?

Und einer ihrer, welchen sie dunklen Munds
den Löser nennen, hebt die Vollstreckerhand
und gibt das Zeichen. Was zu lösen
nimmer erlaubt, es zu tilgen, schlägt er

mit Nacht die Stirn. Heimfällt sie vor ihrer Zeit.
Den Göttern ist genügt, den Dämonen auch.
Es siegelt ein gewesnes Haupt der
Lorbeer. Die Menge bemerkt es nicht mehr.

(15.6.1937)

An die Nacht XIII

Du stillst die Träne? Wiegst das Mühsal ein?
O Selbstverrat, o kindlicher Betrug!
Du bist nicht die, die täglich kommt und klein:
Begehrte Gabe, wechselnd mit Entzug.

Was geht mein Ich dich an, verstört, allein?
Das bist du nicht, das bist du nicht genug!
Nein, allen Abendvölkern wirst du sein
die blutige Sichel und der schwarze Pflug.

Wenn du erst kommst, wird Jammer riesenhaft
und dir gemäß an deiner Stelle gehn;
dir zu entrinnen, Wilde, ist kein Ort.

Du schlägst das Elend und du schlägst die Kraft,
du eilst, den Ungerechten wegzumähn
und nimmst vom Edlen Schmach und Ekel fort.

XIV

Ja, nimmst vom Edlen Schmach und Ekel fort,
doch gibst ihm keine Hoffnung, es zu wenden.
Verdorrt wird sein, was uns berief, verdorrt
die Liebe in des Menschen klammen Händen.

Des wüsten Kain vorbestimmter Mord
am Bruder wird den hellen Abel enden.
Und so erfüllt sich das geheime Wort:
Er wird den Schoß, der ihn getragen, schänden.

Wer könnte annoch dich besingen, Nacht?
Ich habe dich geschaut und dich bedacht.
Mich hat das große Grauen stumm gemacht.

O Nacht, die schrecklich in mein Dunkel schreit!
O Nacht, die mich mit Lust zum Ende weiht!
O Nacht, du holde, wenn auch finstre Zeit!

(24./25. 3. 1936)

Die Nacht ist groß

Die Nacht ist groß. Ich stehe und verrichte
den Dienst im aufgelösten Heiligtume.
Die Nacht ist groß. Ich leide die Gesichte
und sage sie, dem dunklen Gott zum Ruhme.

Die Nacht ist groß. Verfallen dem Gerichte,
zerstörten sie den Glanz der letzten Blume.
Die Nacht ist groß. Ich stehe und verrichte
den Dienst im leergewordnen Heiligtume.

Aufhalten kann ich nicht. Jedoch ich sehe
wie keiner, der da lebt, die Rächer schreiten.
Die Nacht ist groß. Die schwarzen Schleier wallen.

Mein Teil ist: Unberührt vom eignen Wehe
und jeder Hoffnung fern, dem zornbereiten
Ratschluß der Götter in den Schoß zu fallen.

(8.7.1935)

Sache des Sängers

Teil des Helden ist es, zu sterben; wie es
Teil des Knechts ist, zu bleiben. Ihm indessen,
dem ein tieferes Leiden
unsre Gestirne enthüllt,

ist verhängt der Ruf, die Klage, die Mahnung.
Und der Seher düstrer Gesichte prüft am
Leid, das folgt, seine Gabe,
mißt seinen bittern Triumph:

„Was geschieht, lebt wilder denn das Geschaute.
Wo ein Herz schlägt, wird es gebrochen. Jede
Welt gebiert sich aus Morde.
Und: Die Vergänglichkeit siegt.“

Ihm befiehlt zu reden die Trauer, ihm der
Würde Hingang zu weinen; stet und ob auch
jener Stimm oder Träne
Kranz in die Finsternis fällt.

(31.6. – 2.7.1934)

Jahresbericht 2024 / Programmausblick 2025

Kirchstetten, Anfang März 2025

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder und Freunde der Josef Weinheber-Gesellschaft!

Auch zu Beginn dieses Jahres ist es mir eine Ehre, mich mit dem traditionellen kleinen Falter bei Ihnen einzustellen, um über die Tätigkeiten und Vorhaben der Josef Weinheber-Gesellschaft zu informieren. Das Jahr 2024 hat mit der Verschickung der neuen Jahresgabe, der zweibändigen Lyrik-Anthologie Eisblumen, geendet. Eigentlich war dies schon für den Sommer angekündigt, aber die Fertigstellung der Publikation, bei der vor allem die aufwendige Quellenarbeit ins Gewicht fiel, verzögerte sich. Es war uns dann eine Erleichterung, dass es gelang, die Bücher wenigstens noch vor Weihnachten auf den Weg zu unseren Mitgliedern zu bringen. Ich hoffe nun, dass sie eine gute Aufnahme gefunden und Ihnen anregende Lektüre-Erlebnisse geschenkt haben. Es würde mich freuen, wenn Sie unter den Gedichten der Zeitgenossen Josef Weinhebers, die neben einer Auswahl seiner eigenen in der Anthologie aufgenommen wurden, Schönes, Interessantes und Überraschendes entdecken konnten.

Vorrang der Kunst

Was die sogenannte literarische Innere Emigration – der Begriff bezeichnet die nicht ins Exil ausgewichene und dennoch um künstlerische und weltanschauliche Unabhängigkeit vom Totalitarismus bemühte Literatur der Jahre 1933−1945 − mit Josef Weinheber zu tun hat, konnte die Anthologie zumindest andeuten. Es ist heute natürlich alles andere als selbstverständlich, Weinhebers Werke vor diesem Hintergrund zu lesen. Viel zu eindimensional liegt der Fokus auf diversen Gesten der Willfährigkeit gegenüber dem Regime, die mit Weinhebers Person auch verbunden werden können. Früher, in den ersten Jahrzehnten nach dem Krieg, war das anders; damals verstand man durchaus, die kritische Dimension von Büchern wie Zwischen Göttern und Dämonen (1938), Kammermusik (1939) und Hier ist das Wort (1944/47) zu würdigen. Nicht, dass sich Weinhebers Werk überhaupt, so oder so, auf das „Politische“ reduzieren ließe. Nein, das wohl gerade nicht, und zwar ganz gleich, welcher Parteigängerschaft im ideologischen Bürgerkrieg des frühen 20. Jahrhunderts man ihn verdächtigen würde. Solange man in ihm nicht den Dichter und Künstler, sondern immer nur das Anhängsel irgendeiner politischen Bewegung erblickt, ist alle Diskussion müßig.

Umso wichtiger ist es, auch den Leser der Gegenwart darin zu schulen, das Vielschichtige und Komplexe einer Erscheinung wie Weinheber zu erkennen und sich nicht auf Stereotype zu verlassen, wie sie uns der eilfertige, längst zum Ritual erstarrte Umgang mit jener Vergangenheit aufdrängt − einer Vergangenheit, die scheinbar noch so nah, in Wirklichkeit aber schon viel ferner und damit fremder ist, als wir wahrhaben wollen. Am 8. April 2025 werden es acht Jahrzehnte sein, seit Josef Weinheber diese Welt verließ. Das ist gewiss kein großer runder Anlass des Gedenkens. Aber er sollte uns sicherlich wert sein, solche und andere Fragen zu stellen. Die Weinheber-Gesellschaft hat es sich mit ihren Veranstaltungen und Veröffentlichungen schon früh zur Aufgabe gemacht, genauer hinzusehen und zu -hören. Aber ihre Kräfte sind sowohl personell als auch materiell stark begrenzt, wenn auch manch einer unter ihren Unterstützern ihre Tätigkeit weit über den gewöhnlichen Mitgliedsbeitrag hinaus fördert. Das will ich bei dieser Gelegenheit einmal mehr sehr dankbar herausstreichen! Gleichzeitig möchte ich erneut die Einladung an Sie aussprechen, sich auch inhaltlich, mit Ideen, Plänen und durch Werbung, in die kulturelle Initiative einzubringen, die die Weinheber-Gesellschaft darstellen möchte.

Alte und neue Veranstaltungen

Wie ich schon im letzten Jahresbericht angekündigt habe, nötigen uns die „natürlichen“ Grenzen unserer Kapazität nach längeren, arbeits- und kostenintensiven Phasen auch wieder zu ruhigeren, bescheideneren Etappen. Meine Programmhinweise fallen daher erst einmal etwas knapper aus.

Über unsere prominent und kompetent besetzte Lesung in der Weinheber-Gemeinde Kirchstetten werden Sie in bewährter Weise gesondert durch die Einladungen informiert, die das Gemeindeamt versendet. Auch heuer wird sie wieder im November stattfinden, und wir hoffen, Sie und Ihre Freunde und Bekannten zahlreich begrüßen zu dürfen. Dass die Veranstaltung wirklich die kleine Reise an die Ausläufer des Wienerwaldes wert ist, hat sie im vergangenen Jahr wieder bewiesen. Unter der freundlichen Schirmherrschaft von Bürgermeister Josef Friedl eröffneten Ulli Fessl und Kurt Hexmann, am Klavier begleitet von Junko Tsuchiya, einen neuen Zyklus (s. Foto unten): Sie boten Gedichte und Texte aus den frühen zwanziger Jahren, als Josef Weinheber seine ersten Bücher veröffentlichte. Heuer werden wir in die zweite Hälfte jenes Jahrzehnts voranschreiten, in dem Weinheber künstlerisch zu sich selbst fand (während er an der mangelnden Beachtung, die seine Lyrik fand, schier zu verzweifeln drohte).

Von links nach rechts: Junko Tsuchiya (Klavier), Ulli Fessl und Kurt Hexmann,
Weinheber-Nachmittag am 10. November 2024 im Gemeindefestsaal von Kirchstetten
(Foto: Prof. Mag. Harald Mortenthaler)

Unsere Vortragsreihe im Weinhebersaal des Wiener Volksbildungskreises ist inzwischen auch schon gut eingeführt. Sie hat sich vor allem für Anlässe bewährt, die bewusst kein hochwissenschaftliches Ambiente voraussetzen und auch einen gemütlichen Austausch mit dem interessierten Publikum gut vertragen (Speis und Trank inbegriffen). Wortwörtlich zum Angreifen waren etwa die Objekte, um die es im vergangenen April ging, als wir „Autographenschätze und Neuentdeckungen rund um Josef Weinheber“ bewundern durften. Ein kleines Schnipsel aus dem damals Dargebotenen ziert übrigens die Titelseite dieses Jahresberichts: die Schwarzweiß-Fotografie eines (unbekannten?) Weinheber-Porträts aus den dreißiger Jahren (s. Foto unten). Es handelt sich um eine Einklebung in Weinhebers Handexemplar von Persönlichkeit und Schaffen (Ex libris: „November 1935“). Dieser Fund aus dem Besitz Hedwig Formaneks, der Nichte Hedwig Weinhebers, tauchte jüngst im Antiquariatshandel auf und konnte von einem verdienstvollen Mitglied unserer Gesellschaft erworben werden.

Heuer setzen wir die Reihe mit folgendem Abend fort:

Donnerstag, 23. Oktober 2025, 18:30 Uhr
Weinhebersaal des Volksbildungskreises, Prinz-Eugen-Straße 44/3, 1040 Wien (freier Eintritt)

MIT JOSEF WEINHEBER DURCH DAS JAHR
Ein Gang durch das Kalenderbuch „O Mensch, gib acht“

Vortrag und Lesung von Thomas Girzick
Begrüßung und Einführung: Dr. Christoph Fackelmann

Josef Weinhebers „erbauliches Kalenderbuch“ mit dem Nietzsche-Titel O Mensch, gib acht erschien 1937, zwei Jahre nach Wien wörtlich. Es ist das zweite humoristische Meisterwerk des Dichters und setzt sich aus zwölf Monatszyklen zusammen, die in liebevoll-augenzwinkernder Weise an die alten Traditionen bäuerlicher Kalenderverse anknüpfen, manchmal satirisch, manchmal ausgelassen sprachspielerisch, manchmal auch nachdenklich und besinnlich:

„Gib acht, o Mensch, was ich dir sag:
Ich zeig dir zwölfmal deine Plag,
dein Werk und Brauch im Monatslauf,
und geb auch ein paar Heilige drauf,
ein granum Weisheit misch ich drein,
was tun sollst und was lassen sein …“

Unser Mitglied Thomas Girzick unternimmt einen Gang durch das mit viel Kunstverstand und Esprit konzipierte Buch. Er stellt die verschiedenen Gesichter dieses unvergleichlichen lyrischen Jahrweisers vor.

Vignette von Hilde Schimkowitz zur Erstausgabe von
Josef Weinhebers Kalenderbuch O Mensch, gib acht (1937)

Nebenbei: Die eingangs erwähnte Anthologie Eisblumen wird heuer an zwei Terminen auch in Wien vorgestellt: zum ersten Mal am Donnerstag, den 11. September 2025 um 19:30 Uhr im Rahmen einer Verlagspräsentation (nähere Auskunft zum Veranstaltungsort unter info@lepanto-verlag.de), und zum anderen Mal im Programm der Österreichischen Goethe-Gesellschaft am Donnerstag, den 16. Oktober 2025 um 17:00 Uhr im Café Museum (Bibliothek), Operngasse 7, 1010 Wien. Auch zu diesen Veranstaltungen sind Sie selbstverständlich herzlich willkommen!

Neue Pläne

Unterdessen liegt das Hauptaugenmerk unserer publizistischen Arbeit zurzeit auf den schon in Aussicht gestellten neuen Bänden unserer Literaturwissenschaftlichen Schriftenreihe. Zunächst steht die schon lange erwartete Herausgabe der Briefe an Gerda Janota auf dem Plan − eines der letzten großen editorischen Desiderata der Weinheber-Forschung, ein Lückenschluss mit großer Aussagekraft. – Das aber sei hier nur kurz angemerkt; es ist noch viel zu tun, und der Aufwand ist nicht zu unterschätzen. Der Abschluss ist für 2026 in Aussicht genommen und würde dann unseren Mitgliedern als nächste gedruckte Jahresgabe vorgelegt.

Bitte schenken Sie dem Werk Josef Weinhebers weiterhin Ihre Aufmerksamkeit und Ihr Interesse und halten Sie uns die Treue! Mit guten Wünschen und herzlichen Grüßen für 2025 verbleibe ich

Ihr

Dr. Christoph Fackelmann
(Präsident der Josef Weinheber-Gesellschaft)

Hier können Sie den vollständigen Jahresbericht im PDF-Format herunterladen.

Christian Weinheber-Janota verstorben

Am 26. Dezember 2017, wenige Wochen nach seinem 76. Geburtstag, ist der Präsident der Josef Weinheber-Gesellschaft, Herr Christian Weinheber-Janota, nach langer, schwerer Krankheit verstorben.

Geboren am 5. Dezember 1941 in Wien, wurde der einzige Sohn und Nachkomme Josef Weinhebers am 4. Jänner 1942 im Stephansdom im Beisein seines Vaters auf den Namen Johann Christian getauft. Die Kindheit verlebte er in Linz, wo seine Mutter, die studierte Germanistin Dr. Gerda Janota, in der Leitung der elterlichen Fabrik beschäftigt war. 1949 ging sie die Ehe mit Dr. Anton Stadler ein; Christian erhielt zwei Halbschwestern. 1961, drei Jahre nach dem Tode der Witwe Hedwig Weinheber, konnte der Sohn des Dichters das Landhaus im niederösterreichischen Kirchstetten beziehen, das er seither mit seiner Familie bewohnte. Auf Initiative Siegfried Ludwigs, des damaligen Landeshauptmanns von Niederösterreich, wurde ihm das Recht eingeräumt, den väterlichen Familiennamen zu führen.

Christian Weinheber-Janota (1941-2017) mit seiner Mutter, Dr. Gerda Stadler-Janota (1916-2008)

Nach dem glücklichen Abschluss des bis 1974 währenden Erbschaftsstreits gelang es Christian und seiner Mutter, den Nachlass Josef Weinhebers vollständig und unversehrt in die Obhut der Österreichischen Nationalbibliothek zu übergeben. Im Haus selbst wurden, von Christian und seiner Familie liebevoll betreut, einige Schauräume samt einer kleinen Dauerausstellung rund um das im ursprünglichen Ambiente belassene Arbeitszimmer Josef Weinhebers eingerichtet. Tochter, Schwiegersohn und Enkeltochter hauchten dem alten Haus neues Leben ein. Viele Reisende, die sich auf die Spuren des Dichters Josef Weinheber begeben hatten, fanden hier freundliche Aufnahme und in Christian Weinheber-Janota einen kundigen Führer. Im Laufe der Zeit wuchs er, der beruflich im Versicherungswesen tätig war, immer tiefer in die Rolle des Vermittlers und Bewahrers des väterlichen Erbes hinein.

Seit Ende der achtziger Jahre drückte sich dies auch darin aus, dass er das Amt des Präsidenten der Josef Weinheber-Gesellschaft versah. In den rund drei Jahrzehnten seiner Obmannschaft suchte er die oftmals verworrenen, leider immer seltener unter einem glücklichen Stern verlaufenden Pfade der öffentlichen Auseinandersetzung mit Josef Weinheber nach Kräften in verbindliche und besonnene Bahnen zu lenken. Organisatorisch trug er unter anderem maßgeblich dazu bei, dass die große Ausgabe der Sämtlichen Werke Josef Weinhebers, herausgegeben von Friedrich Jenaczek, zum Abschluss gelangte und dass im Gedenkjahr 1995 eine bis heute Maßstäbe setzende Weinheber-Ausstellung in den Räumlichkeiten der Österreichischen Nationalbibliothek stattfinden konnte. Er betreute die gedruckte Jahresgabe der Josef Weinheber-Gesellschaft, bemühte sich um die Verwirklichung der bislang letzten Neuauflage der Weinheberschen Gedichtbücher, die das Niederösterreichische Pressehaus in den achtziger und neunziger Jahren vorlegte, zeichnete selbst als Herausgeber des „Großen Josef Weinheber Hausbuchs“ im Tosa Verlag (1995) verantwortlich, sorgte über viele Jahre hinweg für die traditionelle Dichterlesung im Gemeindesaal von Kirchstetten und sprang obendrein wissbegierigen jungen Weinheber-Forschern wie dem Unterzeichner dieser Zeilen, die am Tor des einstigen Aigenhofs läuteten, hilfreich bei.

Die Liste seiner Verdienste ließe sich noch lange fortsetzen. Unvergessen bleiben aber nicht nur sie, sondern vor allem sein geradliniges und gutmütiges Wesen, die herbe Herzlichkeit. In ihr kann vielleicht jene Charaktereigenschaft erblickt werden, die ihn am tiefsten mit dem berühmten Vater verband (dem er im Aussehen so ähnelte, dass manch Alteingesessener der Dorfgemeinde, der den Dichter noch persönlich erlebt hatte, ebenso manch Einkehrer im Weinheberhaus, der das Bild seines Lieblingspoeten verinnerlicht hatte, sich vor Staunen die Augen rieb). Hingegen war es wahrscheinlich das mütterliche Erbteil, das ihn mit beiden Beinen fest im Leben stehen ließ und ihm jene bewundernswerte Zuversicht verlieh, die er selbst noch in der schweren Zeit seiner Krankheit nicht verlor.

Der Kreis der Freunde des Dichters Josef Weinheber in aller Welt wird Christian Weinheber-Janota immer zu großem Dank verpflichtet sein. Wir werden ihm mit überzeugtem Herzen ein würdiges Angedenken bewahren.

Christoph Fackelmann