Jahresbericht 2018 / Programmausblick 2019

Kirchstetten, im Januar 2019

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Mitglieder und Freunde der Josef Weinheber-Gesellschaft!

Das vergangene Arbeitsjahr der Josef Weinheber-Gesellschaft stand im Zeichen des schweren Verlusts, den das Ableben unseres langjährigen Präsidenten Christian Weinheber-Janota am 26. Dezember 2017 bedeutet hatte.

Neuwahl des Vorstands

Die Gesellschaft hatte sich zunächst neu zu konstituieren, um die große Lücke, die Christian Weinheber-Janota hinterlassen hatte, wenigstens organisatorisch zu schließen. So wurde der Verfasser dieser Zeilen vom Vizepräsidenten zum Präsidenten der Gesellschaft „befördert“; als neue Vizepräsidentin stellte sich Frau Alexandra Weinheber-Janota, die Tochter des Verstorbenen, zur Verfügung. Ihr und der gesamten Familie Weinheber-Janota ist für die damit erwiesene wertvolle Kontinuität ihres Wirkens zugunsten unserer Institution sehr zu danken. Der neu zusammengesetzte, zunächst kooptierte Vorstand wurde in einer Außerordentlichen Generalversammlung am 11. November 2018 antragsgemäß in seinen Ämtern bestätigt. Mein herzlicher Dank gilt allen Mitgliedern des Vorstands sowie allen übrigen Teilnehmern für ihre keineswegs selbstverständliche Bereitschaft und Unterstützung.

Buchpräsentationen

In den ersten Monaten des vergangenen Jahres fand eine Reihe von Veranstaltungen statt, die der Präsentation der neuen, mit Unterstützung unserer Gesellschaft verwirklichten Weinheber-Auswahl, „Ich werde wieder sein, wenn Menschen sind“, galten. Überall traf ich dabei auf ein sehr interessiertes Publikum. Hervorzuheben wäre z. B. die schöne Präsentation im Rahmen des P.E.N.-Clubs Salzburg am 1. März (Lesung: Werner Friedl), der gemütliche „Abend für Josef Weinheber“, zu dem uns der Döblinger Heimatkreis von Wolfgang Schulz am 6. März geladen hatte (Rezitation: Peter Steinbach, s. Foto unten), und die spannende Diskussionsrunde in der Österreichischen Goethe-Gesellschaft am 9. April (Lesung: Dr. Herbert Schrittesser).

Von den kritischen Reaktionen, die das Buch, das alle Mitglieder als Jahresgabe erhalten haben, in der Presse hervorgerufen hat, sei der von großem Verständnis getragene Artikel von Prof. Dr. Günter Scholdt in der Berliner Wochenzeitung „Junge Freiheit“ vom 2. Februar 2018 besonders hervorgehoben („Bin ein düstrer Niemand diesem Land“, nachzulesen im Netzarchiv der Zeitung).

Ehrenmitgliedschaft für Ulli Fessl

Die Generalversammlung am 11. November 2018 fasste den Beschluss, Frau Ulli Fessl für ihre Verdienste um das Werk und die Person Josef Weinhebers die Ehrenmitgliedschaft der Josef Weinheber-Gesellschaft zu verleihen. Frau Fessl war das erste Mal im Jahr 1988 auf der Weinheber-Bühne der Gemeinde Kirchstetten gestanden, damals noch gemeinsam mit dem legendären Erich Auer. Sie hat sich seither als Schauspielerin, Vortragskünstlerin und auch als liebevolle Programmgestalterin in unnachahmlicher Weise für Josef Weinheber eingesetzt. Wir freuen uns sehr, dass sie die Ehrung angenommen hat. Die Urkunde wurde ihr im Rahmen der diesjährigen Lesung überreicht (s. Foto unten: Ehrenmitglied Ulli Fessl mit Brigitte Weinheber-Janota und Dr. Christoph Fackelmann).


Neben Ulli Fessl interpretierten diesmal Andreas Roder und Karl Tattyrek Lyrik von Josef Weinheber, musikalisch begleitet von Junko Tsuchiya (Klavier) und Taner Türker (Cello). Die Veranstaltung, die sehr gut aufgenommen wurde, stand unter dem Motto zweier Verse, die einst Hermann Claudius seinem Freund Weinheber gewidmet hatte: „Das ist das Wundersame deiner Kunst, / dass sie den Dingen ihr Geheimnis lässt …“

Neue Veranstaltungshinweise

Für heuer können wir zunächst zwei Veranstaltungen in intimerem Rahmen ankündigen, zu denen wir Sie sehr herzlich einladen (der Eintritt ist jeweils frei):

Samstag, 9. März 2019, 17:00 Uhr, Begegnungszentrum Quo vadis?, Stephansplatz 6, 1010 Wien: „Dienst im leergewordnen Heiligtume.“ Gedichte des Glaubens und der Gottsuche von Josef Weinheber und Reinhold Schneider. – Vortrag und Lesung: Dr. Christoph Fackelmann und Wolfgang Vasicek.

Dieser Veranstaltung für Liebhaber der Klassischen Moderne in Zusammenarbeit mit der Kulturinitiative „consideratio“ soll übrigens im Herbst ein zweiter Teil folgen. Darin stehen dann Georg Trakl und Karl Kraus im Mittelpunkt, beide bekanntlich zentrale Bezugsgrößen für Weinheber. Über das gesamte Programm der Reihe „Gedichte hören“ informieren die Seiten http://www.consideratio.at und http://www.quovadis.or.at.

Donnerstag, 11. April 2019, 17 Uhr 30, Volksbildungskreis Wien, Prinz-Eugen-Straße 44, 1040 Wien: „Ich bin ein Freund der Vergangenheit.“
Poetische Erinnerungen an das Alte Wien von Ferdinand von Saar bis Josef Weinheber. – Vortrag und Lesung: Dr. Christoph Fackelmann und Harald Cajka.

Auf weitere Termine werden wir Sie wie gewohnt in unseren Aussendungen und auf dem „Weinheber-Forum“ im Internet aufmerksam machen.
Bitte nützen Sie auch die Möglichkeit eines Besuches im Weinheber-Haus in Kirchstetten! Frau Brigitte Weinheber-Janota führt Sie gerne durch die original erhaltenen Schauräume und die Dauerausstellung, die viele sehenswerte Dokumente zeigt (telefonische Voranmeldung unter +43 [0]2743 8989 erbeten!). Am waldseitigen Ende des Gartens finden Sie, liebevoll gepflegt, die Grabstätte des Dichters.

Als kleinen Vorgeschmack auf den Besuch erlauben wir uns, diesem Jahresbericht ein Lesezeichen beizulegen, das die Weinheber-Gesellschaft im vergangenen Jahr für die jungen Besucher des Weinheber-Hauses aufgelegt hat („Weinheber für Frischlinge“).

Archiv und Sammlung

Im Sommer begann der Unterzeichnete eine schon lange geplante Neuordnung und Bestandsaufnahme der Arbeitsbibliothek im Weinheber-Haus. Die Aufschlüsse, die der dortige Buchbestand über Bildung, und Schaffen sowie über die bewegte Rezeptionsgeschichte des Dichters gewährt, sind nicht zu unterschätzen und bei weitem noch nicht vollständig erfasst. Die Neuaufstellung soll zunächst einmal eine bessere Übersicht und Verfügbarkeit gewähren. Die Durchsicht und Ordnung des Gesellschaftsarchivs soll folgen.

Unsere im letzten Jahresbericht erwähnten Bemühungen, neu aufgetauchte, wichtige Weinheber-Autographen (sog. Elisabeth-Ihle-Archiv) in sichere Obhut zu bringen, blieben vorläufig ohne Erfolg. Für einen Ankauf fehlen der Gesellschaft selbst die nötigen Mittel; finanzkräftige Förderer blieben bislang leider aus.

Auch mussten wir uns Mitte 2018 in der Sache eines eigenen Autographenkonvoluts aus dem Archiv der Gesellschaft (Briefe an Edmund Finke) gegen die Ansprüche eines Wiener Autographenhändlers zur Wehr setzen, was nur mit Hilfe unseres Mitglieds Dr. Helmut Noll und mit rechtsanwaltlichem Beistand gelingen konnte.

Das waren wenig erfreuliche Entwicklungen, die meine Bitte an die Mitglieder und Freunde der Josef Weinheber-Gesellschaft unterstreichen: Wir brauchen engagierte Mitarbeiter und Unterstützer – solche, die unserer kulturellen Arbeit mit Rat und Tat, und solche, die ihr finanziell unter die Arme greifen. Bitte bedenken Sie: Wir müssen unsere Publikations- und Veranstaltungstätigkeit sowie unsere wissenschaftlichen Projekte derzeit nach wie vor fast ausschließlich auf private Initiative bauen. Da uns nicht selten ein verständnisloses gesellschaftliches Klima entgegenschlägt, verfügen wir auch über keine regelmäßigen Zuschüsse von öffentlicher Hand.

Nun wünsche ich Ihnen und unserer gemeinsamen Sache ein erfreuliches Jahr 2019 und verbleibe im Namen der Josef Weinheber-Gesellschaft

mit herzlichen Grüßen
Ihr

Dr. Christoph Fackelmann
Präsident der Josef Weinheber-Gesellschaft

Hier finden Sie die vollständige Fassung des Jahrersberichts im Original-Falterformat als PDF zum Herunterladen.

Buchpräsentation: Terminverschiebung!

Wir bitten um Beachtung: Aus veranstaltungstechnischen Gründen musste die Österreichische Goethe-Gesellschaft den Termin für die Buchpräsentation vom 10. April 2018, 17 Uhr 30, auf den 9. April 2018, 18 Uhr, vorverlegen!

Die gültigen Angaben zur Veranstaltung lauten:

Montag, 9. April 2018, 18:00 Uhr

Ich werde wieder sein, wenn Menschen sind.

Zum Erscheinen einer neuen Auswahl aus dem lyrischen Gesamtwerk von Josef Weinheber (1892–1945)

Der Herausgeber, Dr. Christoph Fackelmann, im Gespräch mit Univ.-Prof. Dr. Herbert Zeman; Lesung: Dr. Herbert Schrittesser

Reitschulgasse 2, 1010 Wien (Vortragsraum des Verbandes Österreichischer Akademikerinnen). Freier Eintritt – Gäste sind herzlich willkommen.

Zum ersten Mal seit Jahrzehnten ist die Lyrik Josef Weinhebers wieder in einer kompakten, philologisch fundierten Auswahlausgabe verfügbar. Ein literarhistorischer Anhang führt in die geistigen Voraussetzungen und biographischen Zusammenhänge ein. Im Gespräch geht es u. a. um die Frage, wie der Versuch einzuschätzen ist, inmitten der Verwerfungen des frühen 20. Jahrhunderts an die Formensprache der Goethezeit anzuknüpfen. Ist das letztlich doch nur ein Schutzmittel, eine Mimikry, wie der Dichter an seinem Lebensende konstatiert, – und wofür bzw. wovor? Und was hat es mit Weinhebers Ausflügen in volkstümliche Genres (Wien wörtlichetc.) auf sich? – Proben aus dem Buch bringen repräsentative Gedichte zu Gehör.

„Deuter, Seher, Suchender“ – Franz Spunda-Kolloquium in Wien

„Deuter, Seher, Suchender“ – Kritsche Annäherungen an den Schriftsteller Franz Spunda (1890–1963)

Literarhistorisches Kolloquium und BuchpräsentationFranz Spunda 004

Veranstaltet von der Österreichischen Goethe-Gesellschaft in Zusammenarbeit mit dem Institut für Germanistik der Universität Wien

Mittwoch, 4. November 2015, 14:00 – 19:00 Uh, freier Eintirtt

Alte Kapelle, Campus der Universität Wien (Altes AKH), Spitalgasse 2, 1090 Wien (in den Räumlichkeiten des Instituts für Ethik und Recht in der Medizin)

Zur Programmfolge: http://www.goethe-gesellschaft.at

Kontakt und weitere Informationen: +43 (0)676 5875347

Der österreichische Schriftsteller Franz Spunda (geb. 1890 in Olmütz, gest. 1963 in Wien) zählt zu den schillernden Prot­agonisten einer Literatur im Schatten der „transzendenta­len Obdachlosigkeit“ zwischen den beiden großen Kriegen. Durch seine aus okkultem Interesse erwachsenden Beiträge zur Gattung des grotesk-phantastischen Romans (der „ma­gische Dichter“), durch seine vielfältige historische und my­thologische Epik sowie durch seine mystisch orientierten Versuche auf dem Gebiet der deutschsprachigen Griechen­land-Reiseliteratur nimmt er einen markanten und reprä­sentativen Ort in seiner Epoche ein. Er fungiert als Populari­sator virulenter Lebensreformideen und spekulativer ge­schichtsphilosophischer Entwürfe. Der kulturkritische, um religiöse Erneuerung bemühte Impuls seines Schaffens führt ihn zu politischem Engagement im Umkreis esoterisch-revolutionärer Zirkel und lässt ihn im Bürgerkrieg der dreißi­ger Jahre für das „nationale“ Lager Partei ergreifen.

Aus einer Konferenz an der Arbeitsstelle für deutschmähri­sche Literatur der Universität Olmütz/Olomouc im Herbst des vergangenen Jahres ging ein erster Band mit fundierten Studien zu dem literaturwissenschaftlich bislang weitge­hend vernachlässigten Autor hervor. Er setzt sich mit den ästhetischen, gattungsmäßigen und weltanschaulichen Perspektiven des Spundaschen Textschaffens sowie mit den ideologischen und kulturpolitischen Aspekten seines Wir­kens auseinander.

Aus Anlass des 125. Geburtstags stellt das Wiener Kolloqui­um diesen Band vor und knüpft in mehreren Vorträgen dar­an an. Zentrale Probleme sollen hervorgehoben und in ei­ner abschließenden Podiumsdiskussion thematisiert wer­den, wobei besonders der Frage nachgegangen werden soll, wie das Phänomen Spunda im Rahmen einer österrei­chischen bzw. mitteleuropäischen Literaturgeschichte an­zusiedeln wäre.

Die Veranstaltung widmet sich einem Zeitgenossen, mit dem Josef Weinheber auch in persönlichem Kontakt stand. Es war weder ein enges noch ein konfliktfreies Verhältnis; zu verschieden waren die beiden Schriftsteller und ihre jeweiligen Positionen und Ziele. Als einen der populären „Zsolnay-Autoren“ traf den Romancier Spunda die Ablehnung des Nur-Lyrikers Weinheber in den dreißiger Jahren; in den vierziger Jahren führte sie der offiziöse „Wiener Dichterkreis“ um die Zeitschrift  „Der Augarten“ wieder zusammen. Den Unterschieden zum Trotz verspricht der Blick auf Franz Spunda und dessen Umgebung auch interessante Aufschlüsse über die Literatur- und Kulturlandschaft, in der sich Weinheber bewegte.